Languishing – ein Gefühl von Mattheit
Wie geht es dir?
„Meh, eigentlich kann ich mich nicht beklagen. Es könnte schlimmer sein, aber ich sprudle jetzt nicht vor Euphorie. Aber wie gesagt, eigentlich geht es mir gut.“
Das Gefühl von Watte
Eine übliche Antwort, hinter der viel mehr steckt, als man anfänglich erwartet. Sie beschreibt einen Zustand, welcher seit geraumer Zeit immer mehr Menschen in seinen Bann zieht. Er umfasst Gefühle der Lustlosigkeit, der Antriebslosigkeit und Leere, eine Mattheit, welche sich langsam über jeden einzelnen legt. Es fühlt sich an, als wäre jede einzelne Zelle des Körpers in Watte umhüllt. Eine spürbare Distanz zu allem, was sich ausserhalb der eigenen Haut befindet. Eine Motivationslosigkeit die mittlerweile in Gleichgültigkeit ertrinkt.
Am Abgrund befindet sich ein jener jedoch noch lange nicht, aber der Weg nach Oben auf die Spitze des Berges ist zu hoch, zu lange, viel zu anstrengend und doch einfach generell nicht lohnenswert, oder? Kleinigkeiten werden zu tagelangen Projekten oder gar nicht erst begonnen. Der Aufwand erscheint zu gross, ist ja eh alles für die Katz.
Nichts ist schlecht, aber erfreut über ein Geschehnis haben wir uns schon länger nicht mehr.
Wir schweben im Nichts und versinken langsam in einem Motivationsloch getränkt von Leere. Ein Gefühl des Stillstands, indem wir uns mittlerweile ungewollt wohl fühlen.
Das Gefühl, welches hier beschrieben wurde, hat einen Namen: Languishing.
«Es könnte schlimmer sein, aber…»
Ein Begriff, der vom Soziologen Corey Keyes eingeführt wurde, um einen Gefühlzustand zu benennen, indem mittlerweile ein grosser Teil der Bevölkerung feststeckt, ohne es bewusst wahrzunehmen. Seit Beginn der Pandemie wurden wir immer wieder von Neuem überrumpelt, vor neue Herausforderungen gestellt, ohne das erfüllende Gefühl zu verspüren, sobald sie als „überstanden“ deklariert wurde. Wir Menschen sind Gewohnheitstiere. Bei einer Veränderung des Alltags auf so ziemlich allen Ebenen ist es nur verständlich, dass sich auch der gewohnte Gemütszustand verändert. Doch genau das erwartete Verständnis ist etwas, das in dieser Zeit in Höhlen schlummert. Wir dürfen uns nicht beklagen, anderen geht es immer schlechter. Worte, welche sich tief in das Unterbewusstsein eines jeden einzelnen schleichen. So beginnt man seine eigene Situation verzerrt einzuschätzen, zu akzeptieren und sich mit der Mattheit abzufinden.
„Es könnte schlimmer sein, aber ich sprudle jetzt nicht vor Euphorie“
Etwas an dieser Situation zu ändern ist nicht von einem auf den anderen Tag möglich, vor allem wenn einem nicht bewusst ist, dass dies kein Normalzustand sein sollte. Seine Pläne, geplanten Ziele und Träume wurden von einem auf den anderen Tag in die Ecke gekehrt. Freiheiten, Gewohnheiten und Normalität wurden durch Einschränkungen, tägliche Veränderungen und neue Realitäten ersetzt. Nichts ist mehr so, wie es einmal war.
Sollten wir da nicht auch die neue Realität in unserer Gefühlswelt anerkennen und daran arbeiten, sie in den bestmöglichen Zustand zu katapultieren?
Jeder Mensch ist anders, so auch die Vorgehensweise altbekannte Gedanken- und Verhaltensmuster anzupassen.
Raus aus der Mattheit
Wir leben nun mal auf dieser Welt, in der zurzeit neue Realitäten herrschen. Zeit sich dem anzunehmen.
- Es muss dir nicht erst richtig miserabel gehen, bist du etwas positiv daran verändern möchtest.
- Der erste und wichtigste Schritt ist die Erkennung und Benennung seines aktuellen Gefühlzustandes. Dies wird am besten durch Selbstreflektion erreicht. Stelle dir selbst die Frage: Könnte es mir in der jetzigen Situation besser gehen? Beantwortest du diese Frage mit: „Ja“, kannst du beginnen dich zu fragen, was du verändern kannst bzw. was sich verändern sollte, um einen Euphorie-Push zu verspüren.
- Weiter kannst du dich in dein tiefes Inneres versetzen und dich fragen, was Dinge sind, die an deiner Energie nagen. Fragen, die dich beschäftigen, auf die du keine Antwort finden kannst und die dich nach einer Zeit mit der Schulter zucken lassen. Was sind Ziele, die du schon lange hast, aber die Energie trotz vorhandener Zeit nicht aufbringen konntest? Wie geht es dir dabei?
- Schreibe dir deine Gedanken auf und/oder bespreche sie mit einer vertrauten Person, vielleicht hat sie ja die gleichen Sorgen und Gedanken?
- Der nächste Schritt ist das aktive Wegschütteln der Watte, welche dich in ein falsch interpretiertes Wohlsein packte. Dieser Schritt ist mit einem guten Brocken Selbstüberwindung und Kraft verbunden. Der Mensch gewöhnt sich leider an jegliche Situationen und Gemütszustände, doch sollte er nie aufgeben, in einen Zustand des Glücklichseins gelangen zu wollen. Selbstverständlich gibt es Tage, an dem auch negative, bedrückende Emotionen ihrem Raum brauchen, aber diesen Raum kann man mit genügend Willenskraft und Unterstützung von aussen auch wieder verlassen.
Frisch erblühen
Aber wie gelangt man am einfachsten wieder heraus? Eine Möglichkeit möchten wir dir gerne vorstellen:
- Setze dir kleine Aufgaben, die dich auf längerem Weg an dein grosses Ziel bringen. Sei es eine Aufgabe, die nur zehn Minuten in Anspruch nehmen wird, das Gefühl nach Erfüllen deiner eigen gestellten Anforderungen wird es wert sein.
- Du wirst merken, dass mit jeder weiteren noch so kleinen gemeisterten Aufgabe die Leere in deinem Motivationsloch durch Energie ersetzt wird. Es wird dir immer einfacher fallen, dich auch grösseren Herausforderungen zu stellen, was wiederum in einem immer signifikanter, erkennbaren Euphorie-Push resultieren wird.
- Während diesem ganzen Prozess ist es unglaublich wichtig, verständnisvoll mit dir selbst zu sein. Behandle dich selbst, wie du einen lieben Freund*in unterstützen würdest und nehme dir die Zeit, die du für die einzelnen Schritte brauchen wirst.
- Während diesem ganzen Prozess ist Unterstützung eine zusätzliche Energiequelle. Seien es Freunde, deine Familie oder externe Hilfe aus einer psychologischen Stelle. Offene Kommunikation, Dialoge und Gespräche sind extrem hilfreich, das Erlebte zu verarbeiten und besser zu verstehen. Vielleicht kannst du zu Beginn sogar Aufgaben im Team lösen, „Teamwork makes the dream work“J
Das Ziel deiner Reise ist ein Wort mit vier Buchstaben als Antwort auf die Frage:
Könnte es mir in der jetzigen Situation besser gehen? Beantwortest du diese mit einem überzeugten „nein“, einem grossen Lächeln im Gesicht und strahlenden Augen hast du die Benennung deines Gefühlzustandes verändert. Du bist nicht mehr am languishen, sondern am flourishen. Jetzt heisst es geniessen!:)